Text 1 - Grundlagen Fasverbundwerkstoffe (FVW)

 

Kohlenstofffasern (Kohlefasern, Carbonfasern)

sind industriell hergestellte Fasern aus kohlenstoffhaltigen Ausgangsmaterialien, die durch Pyrolyse in graphitartig angeordneten Kohlenstoff umgewandelt werden. Eine Kohlenstoff-Faser hat einen Durchmesser von etwa 5 bis 8 μm. Zum Vergleich: ein Menschenhaar ist ca. 50 μm dick. Üblicherweise werden 1.000 bis 24.000 Einzelfasern (Filamente) zu einem Bündel (Roving) zusammengefasst. Als Endlosfaden auf Spulen gewickelt erfolgt die Weiterverarbeitung auf Web- oder Wirkmaschinen zu Faser-Halbzeugen in Form von Matten, Gelegen, Gestricken, Geflechten oder Geweben.

Eine Carbonfaser weist in Faserrichtung die höchsten mechanischen Eigenschaften auf. Quer dazu sind die Eigenschaften sehr gering und bewegen sich im Bereich der eingesetzten Matrixeigenschaft. Daher werden Carbonfasern lastpfadgerecht im Bauteil abgelegt, um die lasttragende Komponente genau dort zu haben, wo auch die Last getragen werden muss. Neben der Faserorientierung werden die Eigenschaften eines Faserverbundbauteils durch den Faseranteil und die Faser-Matrix Anbindung stark beeinflusst2.

Faserverbundwerkstoffe (Composites) sind ein Überbegriff für Materialpaarungen, die in Kombination miteinander einen optimierten Werkstoff für den jeweiligen Verwendungszweck erzeugen. Ein Material mit sehr hoher Festigkeit (z. B. Kohlenstofffasern) wird meist in mehreren Lagen als Verstärkung in ein anderes Material mit hoher Zähigkeit eingebettet. Dieses „Grundmaterial“, das den Zusammenhalt des Verbundes gewährleistet, heißt Matrix. Sie ist die formgebende Komponente und besteht meist aus Epoxidharz (Duroplast), zunehmend aber auch aus Thermoplasten, die auch das thermische Umformen von Faserverbundwerkstoffen ermöglichen. Faser-Kunststoff-Verbunde sind z.B. Carbonfaserverstärkter Kunststoff (CFK), Glasfaserverstärkter Kunststoff (GFK), Aramidfaserverstärkter Kunststoff (AFK).

Vorteile der FVW: geringes Gewicht, freie Formgestaltung, hohe Festigkeit und Steifigkeit bei gleichzeitig geringer Masse, Alterungs- und Witterungsbeständigkeit, hohe Temperaturbeständigkeit, ebenso zugfest, aber leichter als Aluminium oder Stahl.

Nachteile der FVW: höherer Materialpreis im Vergleich zu Metall, hoher Aufwand in der Verarbeitung, Gesundheitsschädigung durch Kohlefaserstaub, Serienfertigung noch unausgereift, Recycling noch im Anfangsstadium.

CFK ist nicht neu, seit mehr als 20 Jahren wird bereits damit experimentiert. Da der Werkstoff für den Massenmarkt bislang jedoch zu teuer war, wurde er hauptsächlich in der Luft- und Raumfahrtindustrie und im Motorsport eingesetzt. Die Boeing 787 beispielsweise wird zu 50 % aus Faserverbundmaterialien hergestellt und verbraucht durch die Gewichtseinsparung 20 % weniger Treibstoff als vergleichbar große Flugzeuge.

Zunehmend setzt auch die Automobilindustrie auf diesen extrem leichten und damit Sprit sparenden Werkstoff. Bei Elektroautos bewirkt die Gewichtseinsparung eine Vergrößerung ihrer Reichweite. Auch in Windkraftanlagen, im Maschinenbau und in der Bauwirtschaft können diese neuen Materialien zunehmend Stahl und Kunststoff ersetzen. Kommerziell bereits im Einsatz ist Beton mit einer Armierung aus Glasfasern anstelle von Stahl. Dieser Baustoff ermöglicht eine wesentlich schlankere Ausbildung der Bauteile mit einer Festigkeit, die weit über der des Baustahls liegt.

Recycling von Carbonfasern

Am Ende eines CFK-Produktlebens (carbonfaserverstärkter Kunststoff) sollte möglichst die stoffliche Wiederwendung stehen. Eine energetische Verwertung oder umweltbelastende Deponierung stellen langfristig keine effizienten Alternativen dar und stehen in direktem Widerspruch zur energieintensiven Herstellung des Hochleistungswerkstoffs. Nicht zuletzt fordert auch die Politik direkt und zunehmend einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen, entsprechende Richtlinien und Gesetze sprechen für sich. Vor dem Hintergrund der allgemeinen Ressourceneffizienzpolitik in Deutschland ist zudem zu erwarten, dass sich diese Tendenz in naher Zukunft weiter verschärft, wodurch sich eine noch stärkere Fokussierung auf stoffliche Verwertungsrouten ergeben würde3.

Verwendung von recycelten Carbonfasern (rCF) als Herausforderung

Innovative Einzellösungen zur stofflichen Wiederverwertung und erste kommerziell-industrielle Umsetzungen gibt es dank fachspezifischer Forschungsaktivitäten bereits zahlreich. Rückgewonnene rCF werden dabei je nach Faserlänge direkt weiterverarbeitet (Spritzguss, LFT) oder auch zunächst textil zu Halbzeugen (Nass-/Trockenvliese) oder Garnen (dann TFP) aufbereitet und anschließend prozessiert (u.a. Nasspressen oder Organoblech). Allerdings adressieren die jeweiligen Verwertungsrouten aktuell meist nur Nischenmärkte und Sonderanwendungen, vor allem in Bereichen mit niedrigen mechanischen Anforderungen.

Um die derzeitig nur schwach ausgeprägte Markt-Akzeptanz für rCF zu verbessern und einen breiter gefächerten Marktzugang zu ermöglichen, optimieren die Wissenschaftler am Augsburger Fraunhofer IGCV verschiedene rCF-Verwertungsmöglichkeiten mit Blick auf die spätere Anwendung. Aufgrund der Komplexität der Thematik und ihrer global kritischen Entwicklung müssen dabei nationale und internationale Akteure eng zusammenarbeiten. Ziel ist es, ein weitreichendes und engmaschiges Recycling-Netzwerk aufzubauen3.

 

  1. Auszug aus: Kunststoff Jahrgangsstufe 10, Arbeitsheft für das Fach Werken an Realschulen für Bayern. ISB 2012, Seite 9
  2. Auszug aus: Die Zukunft fliegt elektrisch – vom Lufttaxi bis zum Regionaljet, Andreas Klöckner, Luft- und Raumfahrt 4 / 2017
  3. Auszug aus: Überblick II: Ganzheitliche Lösungsstrategie für eine stoffliche Wiederverwendung von recycelten Kohlenstofffasern (rCF) – Carbon Composites Magazin, Sonderheft 2016 Jahresthema „Recycling“