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Text 3 - Digitalisierung und Arbeitswelt 4.0

 

Bereits im 18. Jahrhundert lösten mechanische Neuerungen wie der Webstuhl die Handarbeit ab und seit der mechanischen Energieerzeugung durch die Dampfmaschine prägte die Industrialisierung Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen. Heute verändern nicht Erfindungen, sondern die globale und digitale Vernetzung die Welt. Nicht mehr Maschinen, sondern menschliche und künstliche Intelligenz sind die Treiber dieser Vernetzung. Solange Computer und Algorithmen hinter den menschlichen Fähigkeiten zurückbleiben, bleibt der Mensch Mittelpunkt der Produktion. Nicht ein Mensch mit einer bahnbrechenden Erfindung, sondern eine Vielzahl von Mitarbeitern aller Unternehmensbereiche stehen dabei im Mittelpunkt. Damit die Digitalisierung zu einem Wettbewerbsvorteil für Ihr Unternehmen wird, brauchen Sie neue Strategien im Umgang mit Ihren Mitarbeitern.

Definition: Was bedeutet Industrie 4.0? Industrie 4.0 ist die Vernetzung von Industrieprozessen durch moderne Technologien. Diese Konnektivität ermöglicht eine intelligente Fabrik (Smart Factory), die eine starke Individualisierung von Großserien zulässt und sich selbstständig optimiert. Die Digitalisierung von Prozessen und Produkten führt zu einer enormen Wandlungsfähigkeit. Unter Berücksichtigung von Kundenwünschen und Lieferantenpotenzialen kommt es zu neuen Geschäftsmodellen. Disruptive Innovationen sind dabei Prozesse, die in einfachen, kleinen Nischen einzelner Branchen beginnen und bestehende Abläufe in Frage stellen.

Ohne den Menschen bleiben wir hinter den Möglichkeiten zurück. Ziel der Automatisierungstechnik ist es, sich weitgehend selbst zu überprüfen, zu konfigurieren und zu optimieren. Was ist in intelligenten Fabriken dann noch die Rolle des Menschen? Die Industrie 4.0 fordert vom Menschen, Prozesse zu definieren, die von Technik autonom ausgeführt und weiterentwickelt werden können. Doch unser Denken hat sich nicht so schnell entwickelt wie die Technologie. Fertigungssteuerung und Disposition bleiben daher in der betrieblichen Praxis oft weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. Auch die Anforderungen im Management haben sich verändert. Nur wem seine unternehmerischen Ziele klar sind, und wer daraus Teilziele für einzelne Abteilungen seines Unternehmens ableiten kann, stellt Wertschöpfungsketten im eigenen Betrieb auf. Strategische Unternehmensführung ist für die Fabrik 4.0 entscheidend.

Chancen erkennen und nutzen! Digitalisierung betrifft das ganze Unternehmen. Nicht nur Informatiker und Ingenieure sind Architekten der neuen Arbeitswelten. Das Management, Organisationsentwickler und Führungskräfte sind gefordert. Die Digitalisierung verändert die Sichtweise der Menschen auf sich und die Welt. Mit diesem Umbruch zurechtzukommen, ist wohl die größte Herausforderung. Doch nicht nur Herausforderungen, sondern auch Chancen warten auf diejenigen, die sich frühzeitig auf den Weg in Richtung Arbeiten 4.0 machen. Der Markt bietet bei weiterer Individualisierung der Angebote zahlreiche neue Optionen. Konsumenten werden, indem sie in die Entwicklung und Anpassung der Angebote an ihre Bedürfnisse einbezogen werden, zu „Mitproduzenten“. Im Handel ergeben sich gerade für kleine Unternehmen ganz neue Möglichkeiten. Gehen Sie neue Wege und entwickeln Sie mit Ihren Kunden neue Angebote.

Der Mensch 4.0? Neue Kompetenzen für eine neue Zeit. Wenn Arbeitswelten ständig in Veränderung sind und sich technologische Entwicklungen beinahe schon selbst überholen, wird der Mensch zum wichtigsten Bezugspunkt. Nur Menschen können eine Verknüpfung zwischen Technologien und Dienstleistungen schaffen und verfügen über die nötige Kontextsensitivität, die es ihnen ermöglicht, Kundenwünsche und -bedürfnisse zu erfassen und zu integrieren. Vernetzung und Netzwerke sind die wichtigsten Arbeitsprinzipien unserer Zeit und fordern uns in der Gestaltung persönlicher Beziehungen. In Summe benötigen wir sehr viele Kompetenzen, um den Anforderungen heute und in Zukunft gerecht zu werden. Wie diese Kompetenzen jedoch erworben und entwickelt werden, ist noch offen.

Persönliche Kompetenzen werden noch wichtiger. Hinzu kommt, dass sich die Rolle des arbeitenden Menschen verändert hat. Das Fraunhofer Institut in Stuttgart bringt die neuen Aufgaben auf den Punkt: der Mensch als Sensor, als Entscheider und als Erfinder. Als Gegenüber ist und bleibt der Mensch für jeden Dialog unersetzbar. Un-ternehmen werden in Zukunft noch mehr selbstbewusste Wissensarbeiter benötigen. Um hierfür die richtigen Menschen zu finden und sie in ihrer Entwicklung zu unterstützen brauchen wir realistische Stellenbeschreibungen und eine kontinuierliche Personalentwicklung. Es wird verstärkt darum gehen, Mitarbeiter zu beteiligen und Wissen zu integrieren. Menschen werden in offenen Strukturen arbeiten. Teams werden heterogener. Das erfordert eine höhere Kompetenz an Konfliktfähigkeit.

Individualität prägt unsere Gesellschaft. Waren werden in Logistikzentren automatisch zusammengestellt. LED-Pointer helfen den Mitarbeitern bei der Zusammenstellung individueller Kundenwünsche. Der durch neue Technologien ausgelöste Wandel in der Arbeitswelt sorgt von der Produktion über die Entwicklung bis hin zu den Dienstleistungsangeboten für Veränderung. Weniger augenscheinlich, aber nicht weniger drastisch verändern sich die Menschen selbst. Der kulturelle Wandel hat uns längst erreicht. Er stellt neue Ansprüche an die Organisation von Arbeit und die Führung von Menschen. Nicht nur in der Produktentwicklung und bei Dienstleistungsangeboten ist Individualisierung ein Schlüsselbegriff. Der Trend geht weit über den Konsum hinaus und betrifft die Lebenseinstellung. In einer immer abstrakteren und virtuell vernetzten Welt sehnen wir uns nach Nähe und räumen unserem Privatleben und dem realen Miteinander mit Menschen einen höheren Stellenwert ein.

Unabhängigkeit von Ort und Zeit sind prägend für unsere Arbeitswelt. Arbeit soll sich vor diesem Hintergrund individuellen Lebenssituationen anpassen. Mitarbeiter wünschen sich in immer höherem Maß Zeitsouveränität. Sie wollen selbst bestimmen, wann und wo sie arbeiten, jedoch ohne die Sicherheit, die der Arbeitgeber bietet, aufgeben zu wollen. Je nach Lebenssituation können sich viele unterschiedliche Rollen im Unternehmen vorstellen und wollen so in allen Lebensphasen Arbeit und Freizeit im Sinne von Life-Balance bestmöglich integrieren. Privat sind wir mit Smartphones und sozialen Netzwerken längst Teil der Welt 4.0. Internetverbot am Arbeitsplatz und restriktive Handhabung von Informationen sind in einer Arbeitswelt 4.0 daher nicht mehr haltbar. Nutzen Sie die, durch private Kommunikationsgewohnheiten, vorhandenen Medienkompetenz der Mitarbeiter und helfen Sie Ihren Beschäftigten, diese in den beruflichen Alltag zu integrieren.

Trend zur gleichberechtigten Erwerbsarbeit. Nicht nur der Stellenwert der Arbeit und die Bedeutung des Privatlebens haben sich verändert. Auch klassische Rollenbilder sind längst aufgeweicht. Viele Frauen und Männer wollen gleichberechtigter arbeiten und sich stärker gemeinsam um die Familie kümmern. Dies zeigt sich schon heute in der gestiegenen Erwerbsbeteiligung, vor allem der Frauen, und verändert die Anforderungen an Arbeit und Arbeitsplätze.

Nicht Grenzen, sondern Freiräume motivieren die neue Generation. Junge Menschen, die heute und zukünftig ins Berufsleben eintreten, legen nicht nur mehr Wert auf Individualität und ihr Privatleben, attraktive Arbeitgeber sind für sie vor allem Unternehmen, die persönliche Weiterentwicklung und Weiterbildung, flexible Arbeitszeiten oder Arbeitszeitkonten bieten.

Auszug aus: Digitalisierung KONKRET. Praxisleitfaden Arbeiten 4.0, Der Mensch ist entscheidend! J. Balzereit, IHK Ulm, 2018