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5.1.2. Außenfinanzierung

Im Rahmen der Außenfinanzierung können die Investoren nach ihrer finanziellen Renditeerwartung klassifiziert werden. Als Unterscheidungskriterium kann dabei sowohl der erwartete Nettobarwert als auch die Höhe der absoluten Rendite herangezogen werden.

Ein Investor ohne finanzielle Renditeerwartung hat eine Renditeerwartung von -100%, was einem kompletten Kapitalverlust gleicht, wohingegen der Investor mit verringerter finanzieller Renditeerwartung eine leicht positive Rendite erwarten wird. Ein Investor mit reduzierter finanzieller Renditeerwartung wird also in der Regel eine Renditeerwartung zwischen einigen Prozent Minus und einigen Prozent Plus aufweisen. Eine mögliche Klassifizierung dieser Investorengruppe kann also über die Renditeerwartung geschehen.

Eine weitere Klassifizierung ist über die Höhe des Nettobarwertes möglich. Das Nettobarwertverfahren ist eine gebräuchliche Methode, um die finanzielle Attraktivität einer Investition zu analysieren. Dabei werden alle dem Projekt zurechenbaren Cash Flows mit einem zu definierenden Kalkulationszinssatz abdiskontiert.1 Der Kalkulationszinssatz entspricht dabei den Opportunitätskosten des Kapitalgebers.

Wenn der Wert dieser Berechnung größer als 0 ist, dann verdient der Investor mit diesem Projekt mehr als seine Kapitalkosten. Bei einem negativen Nettobarwert kann man davon ausgehen, dass der Investor auf eine finanzielle Rendite zugunsten der sozialen Rendite verzichtet. Diese Kenngröße kann als Unterscheidungsmerkmal zwischen Investoren mit verringerter finanzieller Renditeerwartung und Investoren mit marktgerechter finanzieller Renditeerwartung gesehen werden.

Investoren ohne finanzielle Renditeerwartung

Investoren, die ausschließlich das soziale Ziel ohne eine finanzielle Renditeerwartung unterstützen, stellen die erste Gruppe der Investoren dar. Keine finanzielle Renditeerwartung ist in diesem Fall gleichbedeutend mit einem kompletten Übergang der Finanzmittel ohne späteren Rückfluss. Diese Investoren sind Spender oder Stifter, wenn man von Großspendern spricht.

Die Zahlen für die privaten Geldspenden an gemeinnützige Organisationen, Hilfsorganisationen, Wohltätigkeitsorganisationen und Kirchen in Deutschland variieren je nach Erhebungsmethode und Jahr zwischen €2,1 Mrd. und €4,6 Mrd.23 Auf Basis von Daten des GfK CharityScope haben 13,4 Millionen Deutsche 6,1 mal in einem Jahr durchschnittlich je €27,9 gespendet.4 In Deutschland gilt dabei die Altersgruppe der über 65-Jährigen als Kerngruppe der Spender. In dieser Gruppe spenden 58% der Personen. In der Altersgruppe von 50-64 spenden 46%, in der Altersgruppe von 30-49 35%, bei den 20-29-Jährigen 22% und bei den 14-19-Jährigen 13%.5 Spenden sind also ein weit verbreitetes Phänomen.

ANDREONI (2001) zeigt, dass das Haushaltseinkommen auch die Wahrscheinlichkeit einer Spende beeinflusst. So spenden 88,6% der Haushalte mit einem Jahreseinkommen von über $100.000, wohingegen die Spendenwahrscheinlichkeit bei Haushalten mit weniger Einkommen deutlich geringer ist. Allerdings kann man bei der relativen Höhe der Spende zum Haushaltseinkommen eine U-Verteilung feststellen. Haushalte in den untersten und obersten Verteilungskurven geben tendenziell die relativ höchsten Spenden.6

Dieser Zusammenhang ist auch in Deutschland zu beobachten und in Tabelle 7 dargestellt. So sinkt der relative Anteil der Spendensumme am Gesamtbetrag der Einkünfte der Spendenden und steigt in der Gruppe der Bestverdiener wieder an. Im untersten Einkommenssegment werden 1,66% des gesamten Haushaltseinkommens gespendet. Dieser Spendenanteil am gesamten Haushaltseinkommen sinkt bei steigendem Haushaltseinkommen und steigt erst im obersten Einkommenssegment wieder an.

Gerade die relativ hohen Spendenanteile bei den Haushalten mit geringen Jahreseinkommen sind aufgrund der geringen verfügbaren Ressourcen nicht naheliegend. PIFF ET AL. (2010) untersuchen mit mehreren Experimenten den Einfluss des sozioökonomischen Status auf das prosoziale Verhalten von Individuen. Gerade Personen mit geringem Einkommen sind im höheren Maße von dem Wohlwollen anderer Personen abhängig und zeigen in der Folge ein ausgeprägtes prosoziales Verhalten in einer Reihe von Experimenten.7

Bei den Spenden können auch zeitliche Muster erkannt werden. So ist der Dezember der spendenstärkste Monat des Jahres und in den anderen Monaten wird das Volumen vor allem durch Umweltkatastrophen wie Erdbeben oder Überschwemmungen beeinflusst. 79,2% des privaten Spendenvolumens fließt dabei in humanitäre Hilfe und soziale Projekte.8

Investoren mit reduzierter finanzieller Renditeerwartung

Investoren, die eine finanzielle Rendite anstreben, aber zugunsten der sozialen Rendite auf eine risikogerechte Verzinsung verzichten, stellen die zweite Gruppe der Kapitalgeber dar. Diese Investoren erwarten eine geringe positive Rendite, aber würden zugunsten des sozialen Zwecks auch eine leicht negative finanzielle Rendite akzeptieren. Diese Investoren wollen zwar einen sozialen Zweck unterstützen, gehen aber davon aus, dass es mit unternehmerischen Finanzierungsinstrumenten optimal und nachhaltig umzusetzen ist. Die gleichzeitige Verfolgung sozialer und finanzieller Renditen wird auch als „Blended Value Proposition“ bezeichnet.9 Dabei können sie allerdings nicht auf erprobte Prozesse aus dem Stiftungswesen oder dem traditionellen Bereich des Anlagewesens zurückgreifen.10

Die Ursprünge dieses Investitionsansatzes liegen in den 1990er Jahren, als Unternehmer, die in relativ kurzen Zeiträumen ihr Vermögen aufgebaut haben, mit neuen sozialen Investitionsmodellen experimentierten.111213 Ein Vehikel, das Investoren in dieser Gruppe häufig nutzen, sind die sog. Venture-Philanthropy-Fonds.14

Diese Gruppe wird versuchen, Probleme einer spezifischen Gruppe einer Gesellschaft mit konkreten Konzepten zu lösen und dafür Kapital zur Verfügung stellen. Sozialunternehmen, in die dann investiert wird, sind vor allem Beschäftigungskonzepte für soziale Randgruppen, Gesundheitskonzepte, Immobilienlösungen oder allgemeine Integrationskonzepte.

Investoren mit marktgerechter finanzieller Renditeerwartung

Investoren, die eine marktgerechte finanzielle Rendite anstreben, aber in den Investitionsentscheidungen nicht-finanzielle bzw. soziale und ökologische Kriterien beachten, stellen die dritte Gruppe der Kapitalgeber dar. Die Investoren mit marktgerechter finanzieller Renditeerwartung haben zwei Möglichkeiten zu investieren. Diese Investo-ren können ihr Kapital in den sog. Impact Investments anlegen oder ihr Aktienportfolio nach ethischen und sozialen Gesichtspunkten strukturieren.

O'DONOHUE ET AL. (2010) definieren Impact Investing in den westlichen Industrieländern über den Einsatz von Community-Development-Programmen oder über den Einsatz eines Bottom-of-the-Pyramid-Ansatzes in Entwicklungsländern1516 Bottom of the Pyramid bezeichnet dabei den Ansatz die unterste Einkommensschicht eines Entwicklungslandes als Kundenschicht für Produkte zu gewinnen. Beispiele sind dezentrale Energielösungen, Mikroversicherungen oder Gesundheitsangebote. Dabei müssen jedoch die Produkte an die spezifischen Bedürfnisse der Zielgruppe angepasst werden.17

Dieser Investmentansatz gibt auch Spielraum für höhere Renditeerwartungen. So erwarten Impact-Investment-Fonds mit dem Schwerpunkt Venture Capital in Entwicklungsländern eine durchschnittliche Rendite von 12,0% bis 14,9% und in Industrieländern von 15,0% bis 19,9%. Für Fremdkapitalinvestitionen liegen diese Renditeerwartungen bei 8,0% bis 11,9% in den Entwicklungsländern und bei 0% bis 4,9% in den Industrieländern.18 Die Investitionsgebiete sind vor allem Energie, Telekommunikationslösungen und Fair Trade.

Die Ursprünge des Ansatzes eines ethisch bewussten Umgangs vor allem mit Investitionen in den allgemeinen Aktienmarkt liegen in den 1960er Jahren. WILLIAMS (2007) identifiziert in den USA das veränderte politische Klima der 1960er und 1970er Jahre und in Deutschland die Umwelt- und Friedensbewegungen der 1970er Jahre als Antrieb für die Entwicklung ethisch und sozial bewusster Anlageformen.19

Social Responsibly Investment (SRI) lassen sich nach der Art der Investitionsentscheidung unterscheiden. Im Rahmen einer Negativselektion werden Investitionen in bestimmte Branchen wie etwa die Tabak-, Waffen- oder Glücksspielindustrie ausgeschlossen. Bei einer Positivselektion werden Investitionen in die Unternehmen mit den umweltfreundlichsten Produktionsverfahren oder den besten Arbeitsbedingungen in einem Benchmark-Verfahren getätigt. Es kann aber auch aus einer Kombination der beiden Verfahren bestehen. Über diese Ansätze werden jedoch fast ausschließlich Investitionen in öffentlich gehandelte Aktien und Anleihen strukturiert.20

Die Gruppe an Socially Responsible Investors kann weiter segmentiert werden. NILSSON (2009) führt auf Basis von Antworten von 563 sozialverantwortlichen Investoren drei verschiedene Gruppen ein. Die erste Gruppe ist sowohl sozial verantwortlich als auch renditegetrieben, wohingegen die anderen beiden Gruppen entweder über die finanzielle Rendite oder über die soziale Verantwortung als Hauptanliegen definiert werden kann.21