5.5. 9. Exkurs - Export von Plastikmüll

In der Europäischen Union werden jährlich an die 26 Millionen Tonnen Plastikmüll produziert. Von diesen 26 Millionen Tonnen wurden im Jahr 2018 ca. 31% in Mülldeponien eingelagert, 39% wurden für die Rückgewinnung von Energie verbrannt und nur 30% des Plastikmülls wurden offiziell recycelt; allerdings zu einem großen Teil in Ländern außerhalb der EU. Die Energierückgewinnung ist somit die am häufigsten genutzte Methode zur Entsorgung von Plastikmüll. Allein die Herstellung und Verbrennung von Plastikmüll setzt jährlich rund 400 Millionen Tonnen CO2 frei. Hinzukommt, dass jährlich bis zu 500.000 Tonnen Plastikmüll im Meer landen und erhebliche Schäden für Mensch und Umwelt anrichten.

Müllexport

Die Hälfte der in der EU für das Recycling gesammelten Kunststoffe wird zur Weiterverarbeitung in Länder außerhalb der EU exportiert. Die EU gehört somit zu den größten Exporteuren von unsortiertem Plastikmüll hinter den USA und Japan. Bis zum Jahr 2018 exportierten die EU-Mitgliedsstaaten bis zu 87% aller Plastikabfälle nach China, wo wesentlich niedrigere Umweltstandards gelten und lange keine moderne Recyclingindustrie vorhanden war. Gründe für den Export waren und sind, neben den momentan niedrigen Gewinnaussichten der Recyclingindustrie, unter anderem mangelnde Kapazitäten, Technologien oder finanzielle Ressourcen der europäischen Recyclingindustrie, um den Abfall in der EU zu behandeln. Im Jahr 2018 verhängte China allerdings ein Einfuhrverbot für Kunststoffabfälle aus der EU. Alleine schon für Deutschland stellt sich somit die Frage: Wohin mit den 850.000 Tonnen Plastikmüll jährlich? Für das Jahr 2018 ist eine klare Tendenz des Plastikmüllexports hin zu südostasiatischen Ländern zu erkennen. Die vom Statistischen Bundesamt erhobenen Exportzahlen für Januar bis September 2018 über die größten Abnehmer für deutschen Plastikmüll zeigen, dass fast 107.000 Tonnen Altkunststoffe seit dem Importstopp Chinas nach Malaysia exportiert wurden. Das sind 32.000 Tonnen mehr als im gesamten Vorjahr. Auch in andere Länder wie Taiwan, die Philippinen und Singapur wird aktuell mehr deutscher Plastikmüll verschifft. Mit der Aufnahme von Plastikmüll unter die Bestimmungen der Basler Konvention ist dem Export von unsortierten Plastikmüll endgültig ein Ende gesetzt worden. Export ist künftig nur noch möglich, wenn der Plastikmüll vorsortiert und gesäubert wurde und dementsprechend recycelbar ist. Das Abkommen könnte somit mittelfristig einem Exportstopp gleichkommen. Als erste Reaktion auf die Neuaufnahme in die Basler Konvention werden bereits vereinzelt Transportschiffe mit unsortiertem europäischen Plastikmüll von den Importländern abgewiesen und an die europäischen Heimathäfen zurückgeschickt. Die EU bemüht sich inzwischen den Müllexport sowie die Müllstandards gesetzlich zu regeln.

 

Beispiel Malaysia

Malaysia ist ein südostasiatisches Schwellenland. Seit China 2018 die Einfuhr von Plastikmüll verboten hat, sind Länder des Verbands Südostasiatischer Staaten zu neuen Zielländern der Abfallexporte aus reichen Ländern geworden; gerade Malaysia ist davon besonders betroffen. Insgesamt etwa 686 000 Tonnen Altplastik hat Malaysia nach UN-Angaben von Januar bis Oktober 2018 aus dem Ausland importiert. Der größte Lieferant sind die Vereinigten Staaten, Deutschland nimmt nach Japan den dritten Platz ein. Ziemlich genau 100 000 Tonnen Plastikmüll haben alleine deutsche Firmen 2018 nach Malaysia verschifft. Im Vorjahr landete nur etwa halb so viel Plastikmüll in dem südostasiatischen Land. Noch 2017 war China der wichtigste Abnehmer für Kunststoffabfälle: Fast die Hälfte der weltweiten Handelsmenge landete dort. Zum 1. Januar 2018 hat die Regierung der Volksrepublik den Import von Plastikmüll aus dem Ausland gestoppt. Peking will den Müll der Welt nicht mehr, und die Welt hat auf einen Schlag ihren größten Plastikmüll-Abnehmer verloren.

Das Schwellenland Malaysia befindet sich in einem Spannungsverhältnis zwischen wirtschaftlichen Interessen der Recyclingindustrie und nötigen Umweltschutzbestrebungen. In Malaysia verfügten im Jahr 2018 um die 110 Unternehmen über Importlizenzen für Plastikmüll; 54 von diesen Betrieben nutzten diese Lizenz aktiv und erwirtschafteten damit hohe Gewinne. Allerdings haben nur acht dieser Betriebe die geltenden Umweltschutzbestimmungen eingehalten. Es entstanden 2018 riesige Müllhalden und es kam zu illegalen Weiterverarbeitung und Verbrennungen des importierten Plastikmülls. Die Recyclingindustrie konnte den Mengen an Plastikmüll nicht Herr werden. Als Reaktion auf massive Proteste im Land verkündeten Malaysia zwischenzeitlich einen Importstopp von Plastikmüll, welcher allerdings nicht gänzlich durchzusetzen war. Die hauptsächliche Herausforderung des Landes ist es nun die Recyclingindustrie zu modernisieren, um weiterhin an den lukrativen Geschäften mit Plastikmüll teilhaben zu können und gleichzeitig den Forderungen der protestierenden Bevölkerung nach mehr Umweltschutz nachzukommen.

(Kerscher, 2018. Unveröffentlicht)