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2.2.4.2. Umsetzungshinweise

Beobachtungsplan

Bei einer systematischen Vorgehensweise liegt in der Regel ein Beo­bachtungsplan vor, der den Gegenstand und für die Beobachtung un­wichtige Sachverhalte eingrenzt. Außerdem wird vorgegeben, wie die genaue Vorgehensweise auszusehen hat, in welchem zeitlichen und räumlichen Kontext die Daten zu erheben sind und wie protokolliert wird (Stier, 1999, S. 167)1. Damit kann die Beobachtung - in Grenzen - objektiviert oder gewährleistet werden, dass die Wahrnehmung und Registrierung des Verhaltens eines oder mehrerer Individuen metho­disch kontrolliert sind (Bortz & Döring, 1995, S. 241)2.

Erstellung eines Beobachtungssystems

Eine methodische Absicherung des Beobachtungssystems findet an­hand mehrerer Schritte statt (Stier, 1999, S. 169)3:

(1)  Festlegung von Untersuchungsziel und Verwendungszweck;

(2)  Festlegung der Beobachtungssituation: Soziales System (Team, einzelne Personen etc.), Situation (alltägliche Routinesituation, ein­malige oder besondere Situation), Zeitraum;

(3)  Festlegung der Beobachtungskategorien;

(4)  Auswahl der Beobachter: externe, aus dem sozialen System oder aus dem benachbarten System;

(5)  Festlegung der Rolle des Beobachters: offen vs. verdeckt;

(6)  Orientierung der Beteiligten über die Beobachtung: Zweck, Ergeb­nisverwertung, existierende Bedenken;

(7)  Beobachtertraining zum Erlernen der Anwendung des Verfahrens und zur Reduktion von Wahrnehmungsverzerrungen;

(8)  Dokumentation der Beobachtungsergebnisse: Videoaufzeichnung, Protokolle nach der Beobachtung, simultane Protokollerstellung.

 

Störvariablen

Da die Beobachtung eine visuelle Wahrnehmung ist, kann es zu Pro­blemen kommen, die gleichzeitig Gegenstand der Wahrnehmungspsy­chologie sind. In der Methodenlehre sind sie als Störvariablen bekannt.

Der Halo-Fehler

Der Halo-Fehler tritt auf, wenn das beobachtete Verhalten in Bezug auf ein bestimmtes Persönlichkeitsmuster interpretiert wird und zu einer Vereinfachung der Urteile führt; z.B.: Selbstbewusstes Auftreten wird mit Kompetenz gleichgesetzt. Dies kann vermieden werden, indem der gesamte Beobachtungszeitraum ausgenutzt wird, die Beobachtung auf der Verhaltensebene erfolgt und auf Interpretation (wo immer möglich) verzichtet wird.

Der Sympathiefehler

Der Sympathiefehler tritt auf, wenn wahrgenommene Ähnlichkeit oder Unähnlichkeit dazu führt, dass bestimmte Verhaltensweisen zu positiv oder zu negativ eingeschätzt werden. Hierzu zählt auch der Milde­fehler, d.h. nachsichtige Beobachter verwenden nur mittlere Urteilsdi­mensionen. Beim Kontrastfehler werden entgegengesetzte Eigen­schaften negativer beurteilt und beim Ähnlichkeitsfehler werden ähn­liche Personen positiver beurteilt. Alle genannten Fehler können durch ein bewusstes Wahrnehmen der gefühlsmäßigen Einstellung zu ein­zelnen Personen vermieden oder zumindest reduziert werden.

Der Fehler des ersten und letzten Eindrucks

Der erste (primacy) und der letzte (recency) Eindruck bleiben haupt­sächlich in der Erinnerung von Personen erhalten. Ereignisse, die da­zwischen liegen, werden oft vergessen oder übersehen. Dadurch kann es zu einer Verzerrung des Gesamteindrucks kommen. Dem kann ent­gegengewirkt werden, indem der erste Eindruck, der zweite Eindruck und der letzten Eindruck, beispielsweise durch Markieren der Skalen­noten, notiert wird. Aufgrund dieser Verzerrungseffekte kann gesagt werden, dass eine Beobachtung so gut wie nie einer realitätstreuen Abbildung des zu Beobachtenden entspricht (Bortz & Döring, 1995, S. 171, S. 241)4.

Beobachtung vs. Bewertung vs. Interpretation

Die Unterscheidung zwischen Beobachtung und Bewertung von Ver­halten ist ein kritischer Punkt. Die Trennung der beiden Prozesse der Beobachtung und der anschließenden Bewertung ist in jedem Beobach­tungsprozess von Bedeutung und sollte methodisch überwacht werden. Es sollte in jeden Fall vor der Beobachtung eine Schulung durchlaufen werden, um ein Gefühl für den Unterschied zwischen Beobachtung und Bewertung zu erlangen. Die Beobachtung ist nur beschreibend, wir neigen jedoch sehr schnell zu einer Bewertung z.B. „das hat er gut gemacht" - meist ohne, dass uns das bewusst ist. Die Interpretation wurde oben bereits angesprochen. Bewertung und Interpretation hän­gen eng zusammen, denn meist liegt einer Interpretation eine Bewer­tung zu Grunde.