2.4.4.1. Merkmale & Umsetzungshinweise

Merkmale eines qualitativen Experiments

Fraglich ist, ob es auch ein „qualitatives" Experiment geben kann. Mit der positiven Beantwortung dieser Frage hat sich vor allem Kleining (1995)1 auseinandergesetzt - er definiert sinngemäß: Das qualitative Experiment ist ein nach wissenschaftlichen Regeln vorgenommener Eingriff in einen (sozialen) Gegenstand zur Erforschung seiner Struktur und stellt die explorative, heuristische Form des Experiments dar. Der Grundgedanke zum qualitativen Experiment lässt sich folgendermaßen definieren: „Das qualitative Experiment versucht, durch einen kontrollierten, gegenstandsadäquaten Eingriff in den Untersuchungs­bereich unter möglichst natürlichen Bedingungen Veränderungen her­vorzubringen, die Rückschlüsse auf dessen Struktur zulassen" (Klei­ning, 1986 zit. nach Mayring, 2002)2. Wesentlich erscheint hier, dass ein Forschungsgegenstand nicht beliebig und grenzenlos manipuliert und auch nicht im Labor konstruiert wird. Ziel ist es, das Experiment unter möglichst natürlichen, der Situation angemessenen Bedingungen durchzuführen (wie z.B. in der Marienthal-Untersuchungen) (Mayring, 2002)3. Entscheidend ist, dass auch beim qualitativen Experiment Kontrollgruppen vorhanden sein müssen. Im Gegensatz zum „echten" Laborexperiment aber erfolgt die Zuordnung der Probanden zu den Gruppen/Bedingungen nicht zufällig.

Idealtypischer Ablauf

Idealtypisch läuft ein qualitatives Experiment folgendermaßen ab:

  1. Deskription des Gegenstandes: Dieser erste Schritt ist wichtig, denn ohne eine möglichst genaue Beschreibung des Gegenstandes kann ein qualitatives Experiment kaum aussagekräftige Ergebnisse zu dessen Struktur erbringen,
  2. experimenteller Eingriff,
  3. Deskription des Gegenstandes nach dem Eingriff,
  4. Schlussfolgerung auf seine Struktur.

Der zweite und dritte Schritt müssen in der Regel mehrmals durch­laufen werden, bis der vierte möglich wird.