1.5.3.2.1. Narratives Interview

Das narrative Interview ist als erzählendes Interview zu charakterisieren. Hier sollen durch Erzählanregungen erfahrungsnahe, subjektive Aussagen über Erlebnisse und Erfahrungen der Befragten gewonnen werden. Der Forscher soll dabei gemäß dem qualitativen Verständnis vor dem Interview möglichst kein theoretisches Konzept entwickeln.

Ablauf

Ein narratives Interview gliedert sich in fünf Abschnitte:

Zu Beginn gibt es eine Erklärungsphase, in der der Befragte über die Funktion und die Besonderheiten des Interviews aufgeklärt wird, um seine informierte Einwilligung zu erhalten. Es folgt eine Einleitungsphase, in welcher der Interviewer den Befragten mit Hilfe eines Erzählanstoßes, z.B. durch eine kleine Geschichte oder eine Zusammenfassung von Rahmendaten und Hintergründen zum Erzählen bringen möchte. Der Befragte erzählt dann seine Geschichte zum Befragungsthema. Die stellt den Hauptteil des Interviews dar. Der Interviewer sollte währendessen möglichst nonverbal sein Interesse und Verständnis signalisieren und den Erzählenden nicht unterbrechen, um möglichst ausführliche Darstellungen anzuregen. Erst in der Nachfragephase klärt der Interviewer schließlich offen gebliebene Hintergründe, Details und Widersprüchlichkeiten durch direktes Nachfragen. Das Interview kann optional mit einer Bilanzierungsphaseabgeschlossen werden, in welcher der Befragte zu einer abschließenden Bewertung seiner Geschichte angeregt wird und ihm direkte Fragen nach Motivation oder Intention gestellt werden.

Vorteile des narrativen Interviews

Die Wahl dieser Form des Interviews hat den entscheidenden Vorteil, dass „Zugzwänge“ den Befragten dazu bringen, mehr Informationen zu offenbaren als bei direktem Nachfragen. Zum einen spielt der Detaillierungszwang eine Rolle, durch den sich der Erzählende darum bemüht, alle Motive und Zusammenhänge möglichst vollständig, verständlich und ausgewogen zu gestalten. Zusätzlich fordert der Kondensierungszwang, dass der Befragte (eigene) Schwerpunkte setzt. Ein weiterer entscheidender Vorteil ist, dass der Berichtende eine eigene Interpretation erzählten Handelns mitliefert, was ebenfalls einen entscheidenden Vorteil darstellt.


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