1.5.6.2. Qualitative Inhaltsanalyse

Die qualitative Inhaltsanalyse ist ein Verfahren, bei dem relevante Informationen aus dem Text entnommen und getrennt von ihm weiter verarbeitet werden. Das Material wird dazu in Einheiten zerlegt, die anschließend nacheinander bearbeitet werden. Hierzu entwickelt man ein Kategoriensystem, das jene Aspekte festlegt, die aus dem Material herausgefiltert werden sollen. Dabei handelt es sich um eine eher theoriegeleitete Textanalyse.

Vorgehen bei der qualitativen Inhaltsanalyse

Nach der (1) Auswahl des auszuwertenden Materials wird die (2) Erhebungssituation analysiert (wie das Material zustande kam, wer beteiligt war etc.). Dann wird das Material formal charakterisiert (handelt es sich um ein Protokoll oder eine Aufzeichnung, wie wurde das Material aufbereitet etc.) und festgelegt, unter welchem Aspekten man eigentlich das Material auswerten möchte. Die Fragestellung der Analyse soll also genau geklärt werden. Schließlich müssen noch die (3) Analyseeinheiten bestimmt werden. In einer Codiereinheit wird der kleinste Materialbestandteil festgelegt, was der kleinste Textteil ist, der einer Kategorie zugeordnet werden kann. Die Auswertungseinheit hingegen bestimmt, welche Textteile nacheinander ausgewertet werden. Nun wählst du dem jeweiligen Forschungsgegenstand angemessen eine der Varianten der Inhaltsanalyse aus:

Zusammenfassende Inhaltsanalyse

Um sehr ausführliche Antworten auf die wichtigsten Informationen zu reduzieren, verwende die zusammenfassende Inhaltsanalyse. Deine Zielstellung dabei ist, das Material so zu reduzieren, dass die wesentlichen Inhalte erhalten bleiben und die Ergebnisse ein Abbild des Ausgangsmaterials sind. Diese Art der Analyse bietet sich immer dann an, wenn du nur an der inhaltlichen Ebene des Materials interessiert bist und es zu einem überschaubaren Kurztext komprimieren möchtest.

Ablauf: Dafür arbeitest du das vorhandene Material Zeile für Zeile durch und bildest möglichst materialnah an geeigneten Stellen Kategorien (Paraphrase). Im nächsten Schritt reduzierst du weniger relevante und bedeutungsgleiche Paraphrasen und fasst in einem zweiten Schritt ähnliche Paraphrasen zusammen. Fällt dir während des Prozesses auf, dass sich die gebildeten Kategorien überschneiden, musst du das Kategoriensystem überarbeiten. Wurde das relevante Material den einzelnen Kategorien zugeordnet, kannst du mit der Interpretation beginnen. Die Kategorien können auch quantitativ ausgewertet werden, indem du beispielsweise prüfst, welche Kategorien am häufigsten codiert wurden.

Explikative Inhaltsanalyse

Das Ziel der explikativen Inhaltsanalyse ist das genaue Gegenteil. Es geht darum, zu einzelnen fraglichen Textstellen zusätzliches Material zu finden, welches die Stellen erläutert oder deutet.

Ablauf: Dafür musst du zu Beginn festlegen, an welchen Stellen zusätzliches Material erforderlich ist und zulässiges Ergänzungsmaterial genau bestimmen. Dafür ziehe entweder das direkte Textumfeld (Kontext) der relevanten Stelle oder auch über den Text hinausgehende Informationen (über den Textverfasser, das kulturelle Umfeld etc.) heran. Aus dem Kontextmaterial formulierst du eine erklärende Paraphrase, die anstatt der fraglichen Stelle in den Originaltext eingesetzt wird. Anschließend prüfst du, ob die Explikation (Ergänzung) ausreicht. Falls nicht, musst du neues Kontextmaterial bestimmen und den Prozess erneut starten. Auf Grund dieser Vorgehensweise kann man die Explikation im eigentlichen Sinn auch als Kontextanalyse bezeichnen.

Strukturierende Inhaltsanalyse

Bei der strukturierenden Inhaltsanalyse filterst du bestimmte Aspekte (z.B. inhaltliche oder formale Aspekte, bestimmte Typen) nach vorher festgelegten Kriterien aus dem Material heraus oder ordnest das Material bestimmten Dimensionen zu. Auch hier musst du ein Kategoriensystem bilden, dem das Textmaterial jederzeit eindeutig zugeordnet werden kann.

Ablauf: Dafür definierst du zunächst die Kategorien und legst explizit fest, welche Textbestandteile unter eine Kategorie fallen. Danach wählst du konkrete Textstellen als prototypische Ankerbeispiele für jede Kategorie aus und stellst Regeln (Codierregeln) für eine eindeutige Zuordnung zu Kategorien auf, wo es Probleme bei der Abgrenzung gibt. Alle vorgenommenen Bestimmungen sammelst du nun im Codierleitfaden, der als Anweisung für den oder die Auswerter dient. Während des gesamten Vorgangs ergänze bei Bedarf weitere Ankerbeispiele in den Leitfaden oder formuliere bei strittigen Codierungen neue.

In einem ersten Materialdurchgange erprobe den Codierleitfaden und die einzelnen Kategorien und überarbeite sie gegebenenfalls neu. Dafür kennzeichne zuerst die Textstellen, die einer bestimmten Kategorie zugeordnet werden sollen, durch verschiedenfarbige Unterstreichungen oder durch Notieren der Kategoriennummern am Rande der Textstelle. Das auf diese Weise gekennzeichnete Material filterst du anschließend heraus und fasst es zusammen, bevor dann deine Ergebnisaufbereitung erfolgen kann.


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