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2.2. Analysemethoden, die der Kunstpädagogik zur Verfügung stehen

Analysemethoden der Kunstwissenschaft. Welche Methoden stehen der Kunstpädagogik für den komplexen Umgang auf sachanalytischer Ebene und im Kunstgespräch über Bilder zur Verfügung?  Eine speziell unter dem Begriff der Kunstpädagogik firmierende und für den Kunstunterricht ausgewiesene exklusive Methodik der Kunstbetrachtung in Abgrenzung zur Kunstwissenschaft, so darf konstatiert werden, gibt es erst einmal nicht. Zieht man verschiedene methodische Handreichungen heran: aus dem Bereich der Kunstgeschichte etwa den Methoden-Reader der Kunstgeschichte der Herausgeber Wolfgang Brassat und Hubertus Kohle (2009) oder das für das Gymnasium entwickelte Lehrwerk Wege zur Kunst. Begriffe und Methoden für den Umgang mit Bildern von Robert Hahne (2006), lässt sich namentlich keine spezifisch kunstpädagogische Zugangsweise ausmachen. In den für den ebenfalls für den Kunstunterricht konzipierten Handreichungen von Johannes Kirschenmann und Frank Schulz Bilder erleben und verstehen. Einführung in die Kunstrezeption (1999) oder dem Kunst. Arbeitsbuch 3 (2009) von Hubert Sowa, Alexander Glas und Fritz Seydel werden zumindest handlungsorientierte Ansätze unter dem Begriff „Experimentelle Methoden“ aufgezeigt und speziell für den Kunstunterricht ausgewiesen. Einen umfassenden Überblick zu den nun folgen erläuterten Analysemethoden bietet: Schmidt-Maiwald, Christiane (2016): Analysemethoden im Kunstunterricht. Kunst + Unterricht-Sammelband. Velber.

Der nun folgende auf die Kunstwissenschaften konzentrierte Methodenüberblick ist summarisch angelegt und folgt den Publikationen: Belting, Hans/Dilly, Heinrich/Kemp, Wolfgang/Sauerländer, Willibald/Warnke, Martin (Hrsg.) (20036): Kunstgeschichte. Eine Einführung. Berlin/Brassat, Wolfgang/Kohle, Hubertus (Hrsg.) (20092): Methoden-Reader Kunstgeschichte. Texte zur Methodik und Geschichte der Kunstwissenschaft. Köln/Pfisterer, Ulrich (Hrsg.) (2008): Klassiker der Kunstgeschichte, Bd. 1 und 2. München/Kirschenmann, Johannes/ Schulz, Frank (1999): Bilder erleben und verstehen. Einführung in die Kunstrezeption. Leipzig/Sowa, Hubert/Glas, Alexander/Seydel, Fritz (2009): Kunst. Arbeitsbuch 3. Oberstufe. Stuttgart/Velber.

Folgende Analyseansätze lassen sich nennen:

- die Stilanalyse, die auf die Kunsthistoriker Heinrich Wölfflin und Alois Riegl zurückgeht. Sie hat eine Stilgeschichte zum Ziel und zwar im direkten Vergleich unterschiedlicher Formausprägung zu bestimmten Epochen;

- Hans Sedlmayrs Strukturanalyse, nach der das Ganze eines Kunstwerks aus seinen Teilen, die Teile aus dem Ganzen verstanden werden müssen, um die rhetorische Absicht des Kunstwerks zu verstehen;

- die Ikonografie und Ikonologie oder Motivkunde, die mit den Namen Erwin Panofsky und Aby Warburg verbunden werden und der Bedeutung von Inhalten und Symbolen auf den Grund gehen über Vergleichsbildbeispiele oder das Heranziehen quellenkundlicher Texte;

- der semiotische Ansatz, der ausgehend von der Idee der Kommunikation die Organisation der Bildzeichen untersucht;

- der kunstsoziologische Ansatz, der den gesellschaftlichen Entstehungskontext, etwa Herstellungsbedingungen, fokussiert;

- der rezeptionsästhetische Ansatz, der den Betrachter und seinen Platz im Bild mitdenkt;

- der biografische Zugang, der Erklärung zu Motiven im historischen Lebenskontext von Künstlern sucht, mit der Erweiterung des kunstpsychologischen Ansatzes, der nicht nur die Beziehung zwischen Autor und Kunstwerk im Blick hat, sondern auch zwischen Kunstwerk und Rezipient und den jeweiligen Erwartungshaltungen;

- und schließlich entwickelte Max Imdahl in dem Bestreben, dem Bildvermögen der ungegenständlichen Kunst gerecht zu werden, eine auf der unmittelbaren Präsenz des Kunstwerks aufbauende Methodik, die er Ikonik nannte.

Zu ergänzen wäre der Genderansatz, der nach Geschlechterbedingungen fragt und in den meisten Schulwerken keinerlei Erwähnung findet. Auch der jüngste Ansatz, nämlich ein in der Anthropologie verankerter Zugriff von dem Kunsthistoriker Hans Belting, wird in den Handreichungen für die Schule nicht aufgegriffen. Dort findet sich noch ein formanalytischer Ansatz ausgewiesen. Dieser stellt jedoch nur einen methodischen Teilschritt dar und wäre eigentlich der Stil‑ sowie Strukturanalyse zuzuordnen.

Ergänzend bitte die unter Kursdokumente eingestellten Texte lesen!

Verwiesen werden kann noch auf die Publikation Bildkompetenz. Eine kunstdidaktische Perspektive von Kunibert Bering und Rolf Niehoff (2013). Dort wurde ein didaktisches Modell für den kompetenzorientierten Kunstunterricht entworfen, das fünf Dimensionen für das Erreichen von Bildkompetenz benennt: die bildstrukturale und bildinhaltliche Dimension, die biografische, die komparative, die crossmediale und die bildgeschichtliche Dimension. Dahinter versteckt sich im Wesentlichen ein Ausschnitt der bereits genannten kunstwissenschaftlichen Ansätze. Allerdings können die komparative und die crossmediale Dimension Beachtung finden. Erstere zielt auf den Habitus des vergleichenden Sehens ab: ein Vorgehen, dass sich vor allem bei der Methode der Kunstkennerschaft im 19. Jahrhundert herausbildete und in die Stilanalyse Eingang fand (vgl. Glas 2018, S. 27-28). Das vergleichende Sehen führte in den Kunstunterricht über die kunstgeschichtliche Lehre bzw. Vorlesungspraxis, in der bis zum Einzug von Powerpointpräsentationen mit zwei Diaprojektoren gearbeitet wurde. Die crossmediale Dimension beinhaltet eine seit den 1980er-Jahren eingeforderte Schülerorientierung, insofern als darüber indirekt eine Anbindung an die Gebrauchsmedien und Alltagsbilder von Kindern und Jugendlichen – also Bildmotive aus dem Bilderbuch, Comic, Animé, Fernseh‑ und Internetbildfundus sowie dem Werbebild, etc. mitgedacht wird.